#BRAINfood @ 2. Circular Republic Festival
#BRAINFood @ 2. Circular Republic Festival
Am 22. und 23. Mai 2025 hatte ich die Gelegenheit, als Panelist am diesjährigen Circular Republic Festival teilzunehmen und dabei viele spannende und interessante Einblicke zu erhalten. Nach der Premiere 2023 ein Riesensprung sowohl bei Kuration als auch Organisation.
Eröffnet wurde das Festival mit einer Diskussion unter dem Motto "Unsichere Zeiten bewältigen – Die Kreislaufwirtschaft als Strategie für widerstandsfähige Unternehmen". Teilnehmer waren hier Matthias Ballweg, Niclas-Alexander Mauss, Susanne Kadner (allesamt Mitgründer des Circular Republic Festivals) sowie Alexander Bilgeri (BMW) und Helmut Schoenenberger (UnternehmerTUM) als "Founding Fathers" und Initiatoren.
Dabei wurde eines deutlich: Die Kreislaufwirtschaft ist kein Zukunftskonzept mehr – sie ist längst ökonomische Realität. Im Zentrum stehen nicht mehr nur allein Umweltziele, sondern wirtschaftliche Chancen durch Ressourceneffizienz und Unabhängigkeit. Matthias Ballweg formulierte treffend: „Hier sitzen viele Anzugträger – und alle eint das Ziel, unternehmerisch erfolgreich zu sein.“ Kreislaufwirtschaft ist heute ein strategischer Wettbewerbsvorteil, insbesondere in Hinblick auf Rohstoffe wie Lithium, Aluminium oder Holz. Alexander Bilgeri betonte, dass die Wiederverwertung von Batterien künftig nicht nur ökologisch, sondern vor allem wirtschaftlich alternativlos sein wird. Zudem wird Nachhaltigkeit messbar und spricht zunehmend auch die Sprache der Controller. Helmut Schönenberger sieht München gut positioniert, zum europäischen Zentrum für zirkuläre Innovation zu werden – einem „Circular Isar Valley“. Investorenkapital, Gründungsdynamik und der politische Wille schaffen hier die Grundlage. Gerade in geopolitisch unsicheren Zeiten bietet die Kreislaufwirtschaft Stabilität und Resilienz.
Fazit:Die Kreislaufwirtschaft hat sich von einem ökologischen Ideal zu einem handfesten ökonomischen Erfolgsfaktor entwickelt. Sie bietet Unternehmen insbesondere durch Ressourceneffizienz und Rohstoffsicherheit strategische Vorteile und spricht inzwischen auch die Sprache betriebswirtschaftlicher Kennzahlen. München zeigt sich dabei als vielversprechender Innovations-Standort mit dem Potenzial, ein europäisches Zentrum zirkulärer Wertschöpfung zu werden.
Ein weiteres Panel befasste sich mit dem Thema "Kreislaufwirtschaft in der Automobilindustrie – Verschiebung von Wertpools und deren Auswirkungen auf Geschäftsmodelle". Teilnehmer waren hier Daniel Koschade (BMW), Dr. Anna-Christina Fredershausen und Dr. Benjamin Kühl von McKinsey & Company, Christoph Schön (LKQ) und Sebastian Lins (solvd).
Kernaussage des Panels war, dass Kreislaufwirtschaft im Automobilsektor keine Vision mehr ist, sie ist ein wachsender Markt mit enormem Potenzial. Doch wie gestaltet man ein Fahrzeug, das sich am Ende seines Lebenszyklus effizient zerlegen, recyceln und weiterverwerten lässt? Benjamin Kühl nannte klare Zahlen: Bis 2030 könnten rund 30 % der Wertschöpfung in der Automobilbranche in zirkulären Geschäftsmodellen liegen – von der Wiederverwertung von Schrott bis zum Carsharing. Sein Appell: „Es braucht Mut – und entschlossenes Handeln. Jetzt.“ Christoph Schön mahnte: Die Realität ist komplex. Ersatzteilmärkte sind schwer skalierbar und fordern neue Kooperationen entlang der gesamten Lieferkette. Ziel müsse es sein, Fahrzeuge möglichst lange im Umlauf zu halten. Diesen Ansatz verfolgt BMW bereits konsequent. Daniel Koschade, Leiter Kreislaufwirtschaft, betont: „Wir entwickeln Fahrzeuge von Anfang an mit Blick auf ihre Wiederverwertung. Die richtige Materialwahl ist dabei entscheidend.“ Auch recycelte Komponenten seien für OEMs längst ein attraktives Geschäftsfeld. Politischer Rückenwind kommt aus Europa und wird von der Branche ausdrücklich begrüßt. Sebastian Lins nennt als Beispiel Frankreich, wo bei Reparaturen verpflichtend „Green Parts“ genutzt werden müssen: „Diese Vorgaben fordern uns heraus – und treiben Innovation.“
Fazit: Europa hat die Chance, beim zirkulären Automobil weltweit führend zu werden. Die richtigen Rahmenbedingungen, kombiniert mit unternehmerischem Mut, können diesen Wandel Realität werden lassen.
"Wiederverwendung vs. Recycling – Wer wird das Rennen um nachhaltige Kunststoffverpackungen gewinnen?": Über dieses Thema diskutierten Canan Hanna Köllner (SYSTEMIQ), Felicitas Deiler (CIRCULAR REPUBLIC), Dr. Kiri Trier (L´Oreal) und Julia Knobloch (Werner & Mertz).
Dabei kamen sie zu folgender Schlussfolgerung: Recycling darf nicht am Verbraucher scheitern, sondern muss systemisch gelöst werden. Die deutsche Recyclinglandschaft ist komplex, uneinheitlich und verschenkt derzeit großes Potenzial. Dabei liegt gerade im Plastikmüll eine Ressource, die wir besser nutzen sollten. Werner & Mertz, bekannt durch die Marke Frosch, zeigt, wie es gehen kann: Bereits seit 2014 setzt das Unternehmen systematisch auf Rezyklat, also auf vollständig recycelte Verpackungen. Heute stammen bereits 75 % des Altplastiks aus dem Gelben Sack. Julia Knobloch, stellvertretende Leiterin der Verpackungsentwicklung, bringt es auf den Punkt: „Recycling sollte den Job machen, nicht der Verbraucher.“ Unternehmen und nicht Konsument:innen, müssten Verantwortung für ihre Verpackungskreisläufe übernehmen. Doch trotz steigender Nachfrage bleibt eine zentrale Herausforderung bestehen: Rezyklat ist teurer. Viele Unternehmen schrecken noch vor dem Mehraufwand zurück. Knobloch fordert politische Anreize – etwa in Form einer „Plastic Tax“ auf neu produziertes Plastik. Länder wie Spanien (0,45 €/kg) und bald auch Italien machen es vor.
Fazit: Die Nachfrage nach recycelten Materialien wächst: Jetzt braucht es klare Rahmenbedingungen, mutige Unternehmen und wirtschaftliche Anreize, um die zirkuläre Transformation zu beschleunigen.
Beim nächsten Panel sprach ich gemeinsam mit Jocelyn Blériot (Ellen MacArthur Foundation) sowie Linda Hinz und Florian Reiter von FOCUS online Earth über das Gesprächsthema "Narrativverschiebung – Wie wir Klima und Kreislaufwirtschaft wieder zurück auf die Landkarte bringen" und die Frage, wie wir über die Klimakrise sprechen ohne zu lähmen, sondern zu motivieren.
Obwohl die Auswirkungen des Klimawandels dramatisch sind, sinkt das öffentliche Interesse. Zu komplex, zu belastend und überlagert von den anderen Krisen unserer Zeit. Genau deshalb braucht es eine neue Art der Kommunikation und eine Rückkehr der Klimafrage auf die gesellschaftliche Agenda. Jocelyn Blériot forderte einen strukturellen Wandel – statt der einseitigen Fokussierung auf individuelle Verantwortung. Bei diesem Thema plädiere ich persönlich für eine positive Erzählweise, denn statt nur über Verzicht zu sprechen, müssen wir zeigen, wie Klimaschutz unser Leben verbessert. Möglich ist das unter anderem beispielsweise bei Unternehmen wie Schöffel, das mit seiner CIRC-Kollektion, einem Rücknahmeprogramm für gebrauchte Kleidung und dem Thema Nachhaltigkeit als Unternehmensphilosophie gleich mehrere Initiativen im Bereich Kreislaufwirtschaft vorantreibt. Florian Reiter und Linda Hinz von FOCUS online Earth hingegen sprachen insbesondere konstruktiven Journalismus als Schlüssel zur Problemlösung an. Geschichten, die Lösungen aufzeigen – wie beim Familienunternehmen Lorenz, das durch zirkuläre Innovation Arbeitsplätze sichern konnte – erzeugen Wirkung und Reichweite. Der Appell: Medien, Politik und Unternehmen müssen Chancen und Lösungen in den Vordergrund stellen – etwa durch Technologien wie den Batteriepass oder zukunftsfähige Mobilitätskonzepte jenseits des Automobils.
Fazit: Die Klimakrise braucht neue Narrative. Nicht Angst, sondern Perspektiven bringen Bewegung in die Debatte und treiben Transformation voran.
Über die hohe Relevanz der Kreislaufwirtschaft in der Welt des Lobbyings sprachen Anja Siegesmund (BDE), Katharina Reuter (BNW), Rebecca Tauer (WWF Germany), Kilian Schwaiger (VDM) und Dr. Claas Oehlmann (BDI).
„Wir brauchen Kreislaufwirtschaft mit Biss!“ Dieser eindringliche Appell von Anja Siegesmund, Präsidentin des BDE, fasst den Tenor des Panels treffend zusammen. Claas Oehlmann (BDI) erkennt im Koalitionsvertrag viele Anknüpfungspunkte, doch bislang fehlt es an der Umsetzung. Anja Siegesmund fordert mit Blick auf geopolitische Risiken und unterbrochene Lieferketten mehr Ambition: „Die letzte Regierung hat viel liegen lassen.“ Zentrales Beispiel: die Nationale Kreislaufwirtschaftsstrategie. Noch fehlen klare Maßnahmen, die Zuständigkeiten sind zwischen Umwelt-, Wirtschafts- und Finanzministerium zersplittert. Dabei drängt die Zeit mehr denn je. Katharina Reuter, Geschäftsführerin des BNW, betont die Rolle der öffentlichen Hand: „Wir haben nicht einmal einen Etat für Kreislaufwirtschaft – dabei ist die öffentliche Beschaffung ein riesiger Hebel.“ Investitionen in Infrastruktur ohne Recyclingstrategie seien eine verpasste Chance.
Katharina Reuter forderte zudem, bestehende Fehlanreize zu beseitigen: „Erdöl in der Kunststoffproduktion ist steuerfrei – das kostet den Staat 1,34 Milliarden Euro jährlich. Das ist nicht mehr zeitgemäß.“ Trotz aller Kritik überwiegt beim Festival der lösungsorientierte Geist. Dazu passt auch das Fazit von Anja Siegesmund: „2025 muss das Jahr werden, in dem Berlin und Brüssel die Kreislaufwirtschaft endlich voranbringen.“
Fazit: Der politische Rahmen ist formuliert – jetzt braucht es Mut zur Umsetzung, klare Finanzierungen und den Willen zur sektorübergreifenden Zusammenarbeit.
#CircularRepublic #CircularRepublicFestival #CRF25 #CircularEconomy #Sustainability #Innovation #FutureIsCircular #smartmobility #cassmm - Photo Credits: Bert Willer